Garsitz
Garsitz
Einwohner: 284 (Stand 31.12.2021)
Fläche: 228 ha
Höhe: 410 m über NN
Ortsteil der Stadt Königsee seit 1950
Erste urkundliche Erwähnung 1289 als Garschiz
Frühe Nachrichten über Garsitz von Erika Wilhelm
Von 1857 bis 1868 unterrichtete am Rudolstädter Gymnasium Prof. Dr. Bernhard Anemüller. Er wurde 1868 zum fürstlichen Archivar und Bibliothekar an der umfangreichen Rudolstädter Landesbibliothek ernannt, die noch heute als staatliches Archiv von Bedeutung ist. „Bei Anemüller steht“ ist eine oft gebrauchte Wendung für Historiker, denn er hat in mühevoller Kleinarbeit für jeden kleineren Ort Schwarzburgs die urkundliche Ersterwähnung festgestellt. Die meisten Quellen sprudelten in den Ruinen des Klosters Paulinzella von 1068 bis 1534. Die urkundliche Erwähnung von Garsitz 1289 setzt voraus, dass der Ort schon bestanden hat. Für seine slawische Siedlungsgeschichte gilt gleiches wie für Pennewitz. Dörnfeld, das Kirchdorf, wurde weitaus später zur Christianisierung und politischen Erfassung der slawischen Dörfer gegründet. Seine Ersterwähnung datiert von 1450. Es gehörte zur Terminei Stadtilm des Erfurter Augustiner-Erimiten-Klosters. In den Reformationszeiten besaßen es die Grafen Schwarzburg- Leutenberg. Diese Herren waren Freunde Luthers. So kommt es, dass schon 1528 der ehemalige Schwarzaer Kaplan Conrad Schönheyde als evangelischer amtiert, während Königsee erst 1533 durch Beschluss seines eben zur Regierung gekommenen Landsherrn folgte, (G. Einicke: „Schwarb. Reformationsgesch. Rudolst.1909“). Die Kirchenvisitation von 1533 wirft manches Licht auf die Verhältnisse. Eine Gruppe von drei geistlichen und zwei weltlichen Gelehrten überprüften die Pfarrer nach Ihrer Gesinnung, ihrem Können und ihrem Lebenswandel. Außerdem wurden Besoldungsfragen geregelt. Die geistlichen sollten von nun an alle Knaben im Katechismus unterrichten. So begann das Volksschulwesen in den Dörfern. Die ersten Lehrer (Ludimagister) wurden angestellt. In Dörnfeld und Garsitz Melchior Böhm oder Bühlen. Der Dörnfelder Pfarrer kommt mit einem mittelmäßigen Zeugnis seiner Fähigkeiten davon. Conrad Schönheyde war gestorben, und seit 1532 versorgte Johann Winter das Amt „ein Mönch aus der Zelle“. Auch in Milbitz, Rottenbach und Solsdorf - Thälendorf amtieren ehemalige Chorherren, die weiterhin im Kloster wohnten. Dieses diente daneben als Stift für diejenigen Priester, die dem neuen Glauben weder folgen konnten noch wollten. Alle anderen wurden veranlasst, ihre „Konkubinen“ oder Köchinnen binnen sechs Wochen zu heiraten. Johann Winter hatte schon die Pfarrwitwe genommen oder sie ihn. Er amtierte 38 Jahre. Seine Frau starb als die „alte Pfarrern von Dörnfeld“ 1582 an der Pest. Ein Sohn, Christoph Winter, ist bis 1580 Pfarrer in Herschdorf. Er stirbt plötzlich bei einem Besuch seiner Pennewitzer Verwandten.
Wenn man sich heute in Garsitz alle hübschen, neuen Einfamilienhäuser und die ehemalige Porzellanfabrik wegdenkt, bleibt nicht viel Substanz übrig. Die Bevölkerungsdichte im 16. Jahrhundert kann man nur schätzen. In der ganzen Parochie Dörnfeld wurden bei der Visitation 1533 73 „Wirte“ gezählt. Rechnet man im Durchschnitt pro Haushalt 10 Personen (mit Kindern und Altenteilern), dann müsste man 730 Einwohner auf 6 Dörfer verteilen. Nämlich Dörnfeld, Pennewitz, Garsitz, Oberhain, Unterhain und Lichta. Nicht mitgezählt waren die auch zum Kirchspiel gehörigen Bewohner der Mühle (Schlackmüller), des Siechhofs (die Leprosi), der „Hütte“ und Vollenhayns. Diese, in der Nähe des Pennewitzer Wasserhauses gelegene Siedlung, muss zwischen 1533 und 1571 (dem Beginn des Kirchenbuches) ausgestorben sein, denn sie wird nicht mehr erwähnt. Einen anderen Anhalt über die Dichte der Wohnstätten gibt das Sterberegister des Pestjahres 1582. Am Ende zieht der Pfarrer die Bilanz: 143 Menschen in der „oberen Pfarr“, davon in Garsitz 10 Personen gestorben, „wo es am gnädigsten gewesen“. Also ist dort nicht ein Drittel der Einwohner der Pest zum Opfer gefallen, sondern weniger. Vielleicht hatte Garsitz vor 1582 an die 50 Einwohner. Wie konnte so ein kleiner Ort im abgelegenen Rinnetal wirtschaftlich überleben?
Schafzucht und Hüttenwesen waren seine Grundlagen. Vor allem die Schafzucht. Gleich auf den ersten Seiten des Kirchenbuches wird 1571 Caspar Bräutigam als schon lange in Garsitz wirkender Schäfer, Schafmeister oder Hutmann (damalige Bezeichnung für Schäfer), genannt. Er muss mit seiner großen Familie, Schafknechten und Mägden einen umfangreichen Betrieb gehabt haben. Er und seine Leute werden in der Umgegend zwischen 1571 und 1582 dreizehnmal als Taufpaten gewählt. Selbst der Pfarrer wählt den Taufpaten aus Bräutigams Reihen. Dies spricht für das Ansehen der Bräutigams. Nur zur zweiten Schäferei in Garsitz gibt es keine Beziehungen. Sie gehört „Valten N., Hutmann“. Dieses „N.“ bedeutet, dass der Familienname noch nicht festgelegt war. Eine spätere Hand ergänzte „Teißen“. An der Pest starben eine kleine Enkelin des Caspar Bräutigam, der Schwiegersohn Melchior und ein Schafknecht des Schafmeisters Hans Bräutigam. Die Garsitzer verdanken ihr Überleben sicher der Abgeschiedenheit des Dorfes. Vielleicht aber auch der Klugheit und der medizinischen Kenntnisse ihrer Schäfer. Selten wird im Kirchenbuch eine Frau ihrer Verdienste wegen genannt. Selbst bei den Taufeinträgen steht nicht der Name der Mutter, sondern nur der des Vaters. Aber 1689 erhält Martha Bräutigam -74- Jahre den Nachruf, „als alte Schäferin und Hebamme 115 Kinder glücklich zur Welt geholfen zu haben“ In welchem Verwandtschaftsverhältnis sie zum alten Schäfer stand, kann man nicht feststellen, denn während des 30 jährigen Krieges ist die Führung des Kirchenbuches unterbrochen.